In die Federn gehen #64
Die grosse Erlösung!
Wissen Sie noch, wie man ein Bett bettet?
Nein, nicht die Bettdecke aufschütteln und hinlegen.
Richtig betten!
Das Unterleintuch straff ziehen, am Eck sauber falten, unterschlagen und unter die Matratze klemmen, wo es vom Gewicht derselbigen gehalten werden sollte. Anschliessend das Oberleintuch noch straffer ziehen, am Fussende ebenso einbetten, am Kopfende umschlagen und auf den Seiten unter die Matratze schieben. Als nächstes folgt irgendeine Form einer (mehr oder weniger kratzigen) Wolldecke, die ebenso eingebettet wird und tagsüber war das Ganze mit einem Überwurf zugedeckt.
Liebe Leserinnen und Leser, erinnern Sie sich noch, dass damals ein Bett zurechtmachen richtige Arbeit bedeutete?
Und wenn man abends unter das bretthart angezogene Oberleintuch schlüpfen wollte, hatte das weniger mit «schlüpfen» als vielmehr mit «sich hineinzwängen» zu tun. Wer sich nicht vorsichtig genug vorarbeitete, riskierte eine verstauchte Zehe oder abgebrochene Zehennägel, so hart war das Ding angezogen. Auf dem Rücken liegen und die Füsse einfach so gerade hinlegen ging nicht, da wurden die Zehen gnadenlos umgebogen – ausser, man zerrte erst das Leintuch unten am Bett etwas heraus (was bedeutete, dass man es am nächsten Morgen mühsam wieder einbetten musste).
Und dann kam sie!
Nein, meine Herren, ich spreche nicht von Marilyn Monroe und auch nicht von Brigitte Bardot.
Ich rede von der nordischen Schönheit.
Wieder nein, meine Herren, wieder falsch. Ich meine auch nicht die Schwedin Anita Ekberg (Eingeweihte erinnern sich an «La Dolce Vita» mit Marcello Mastroianni).
Ich meine die Erlösung im Bett.
Schluss jetzt mit diesen Anspielungen! Bevor irgendwelche Fantasien gleich wieder falsch abbiegen, bitte ich, möglichst schnell weiter zu lesen.
Mit der nordischen Schönheit meine ich das Nordische Schlafen!
Die Erlösung von stundenlangem Betten, bretthart angezogenen Leintüchern, kratzigen Wolldecken und abendlichem «sich-in-die-Schraubzwinge-begeben». War das ein Fest. Unten ein Fixleintuch, oben eine leichte Decke aus Gänsefedern und ‑Daunen und plötzlich war das Zubettgehen ein Vergnügen.
In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war das DER Trend im Bett.
Man schlüpfte um 22.00 Uhr unter die kuschlig-warme Decke und genoss die Leichtigkeit des Schlafengehens.
Um 22.13 Uhr streckte man erst den einen Fuss unter der Decke hervor, um ihn abzukühlen, um 22.17 Uhr folgte der zweite. Weitere vierzehn Minuten später klebte das Pyjama-Oberteil auf der Haut und um 22.33 Uhr deckte man sich ein erstes Mal komplett ab, um etwas abzukühlen und zu trocknen. Dieses Spiel wiederholte sich die ganze Nacht mit schöner Regelmässigkeit und sorgte vor allem im Winterhalbjahr dafür, dass man sich öfters im Bett erkältete als beim Warten auf den längst überfälligen Bus.
Haben Sie sich schon einmal überlegt, wieso Enten auch im Winter putzmunter auf den kalten Seen herumschwimmen? Nicht nur wegen der Fettschicht. Die Federn und insbesondere die Daunen isolieren derart gut, dass sie (fast) keine Körperwärme verlieren. Jetzt stellen Sie sich eine solch leistungsfähige Isolation als Bettdecke vor und schon wissen Sie, wieso gewisse Menschen beim Nordisch Schlafen stärker schwitzen als beim Sport.
Meine ehrliche Meinung dazu: Federn und Daunen sind für Decken und Kissen nicht wirklich geeignet. Neben dem angesprochenen Hitzestau können sie nur schlecht Feuchtigkeit aufnehmen und nach aussen transportieren. Schlafen unter einer dicken Daunendecke kann deshalb gewisse Ähnlichkeiten mit einem Saunagang haben. Und ein Daunenkissen bringt in meinen Augen zu wenig Stützkraft, um den Kopf in einer entspannten Position zu halten.
Ein weiterer Punkt, der dagegen spricht, ist die Form der Gewinnung: Federn und Daunen müssen gerupft werden, was bei lebenden Tieren problematisch sein kann. Im Gegensatz dazu werden Naturhaare von Schafen, Kamelen oder Kaschmirziegen von lebenden Tieren geschoren oder einfach eingesammelt.
Es gibt in der Zwischenzeit so viele hervorragende Alternativen, die kuschlige-angenehme Wärme bieten, dass niemand unter einer Daunendecke niedergaren muss. Bei Schlafsäcken oder gewissen Winterjacken können Daunen durchaus Sinn machen, aber dann sprechen wir von Aussentemperaturen im Minusbereich, sprich wir sind in der gleichen Situation wie die Enten, die auch lieber einen warmen Hintern haben.
Zum Schluss noch die ultimative Empfehlung: Lassen Sie sich von meinem Geschwätz nicht verunsichern. Wenn Sie seit 30 Jahren gut und glücklich unter einer Daunendecke schlafen, bleiben Sie dabei. Es gibt nicht DIE Lösung für alle.
Nun freue ich mich, Sie beim nächsten Blogbeitrag zum Thema «Festlicher Weihnachtstisch» wieder dabeizuhaben.
Bis bald!
Ihr Bernhard Heim
Schlaf- und Wohn-Berater und HEIMisch-Schläfer
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Wie gewohnt, sehr erheiternde Lektüre, dankeschön 🙂
Geheimtipp : die Heimschen Wolldecken kratzen nicht
Danke, liebe Catherine für den Kommentar
Liebe Grüsse und bis zum nächsten Beitrag.
Dein Blogger Bernhard
Genau, Bernhard! Auch ich kenne die Saunagänge unter Federbettdecken aus früheren Zeiten … gut und sehr plastisch geschildert! Gruß Achim.
Lieber Achim
Danke für deinen Kommentar. Ja schwitzen und frieren war früher, heute geniesse ich jede Nacht das “Nestgefühl” meines Naturbettes. 🙏👍😊
Liebe Grüsse zurück Bernhard