Tante Emmas Prozedur

 

Bei einem Ver­gle­ich­stest zwis­chen einem Oper­a­tionssaal der Uniklinik Zürich und Tante Emmas Wohnz­im­mer hat der Oper­a­tionssaal keine Chance. In Tante Emmas Wohnz­im­mer kön­nte man operieren, so blitzblank sauber ist es. Onkel Hubert ist nicht etwa ein Dreck­michel (kann er auch nicht sein, höch­stens eine Dreck­hu­bert 😉), aber er ist geschätzte 287 % schmutz­tol­er­an­ter als seine Emmi.

Im Laufe ihrer über 40 Ehe­jahre hat sie sich so manchen Trick und Kniff aus­gedacht, um den Haushalt piek­fein-sauber zu hal­ten. Onkel Hubert hat sich anfänglich darüber geärg­ert und irgend­wann kapit­uliert. Gegen die vere­inigte Macht von Lap­pen, Staub­sauger und Bot­ty Bessi-Wis­chmopp-super­rein-Sys­tem ist er nicht angekom­men. Dabei hat sich Emma den Spruch «Wehret den Anfän­gen» zum Leit­mo­tiv gemacht und auf ihre Sit­u­a­tion angepasst: «Las­set den Dreck erst gar nicht in die Wohnung.»

Lei­den­schaftlich gerne werkelt Hubert draussen im kleinen Gemüsegarten, und da kann es vorkom­men, dass er zurück in die Woh­nung muss, um etwas Vergessenes zu holen. Immer ste­ht er jedoch vor ein­er ver­schlosse­nen Haustüre und muss klin­geln. Das alleine ist schon fast demüti­gend, das Fol­gende jedoch noch viel schlim­mer. Seine Emmi hat vor zwei Jahren gün­stige Ganzkör­p­er-Schutzanzüge entdeckt.

Öffnet sie die Türe, dann immer mit dem blüten­weis­sen Schutzanzug über dem Arm. «Ohne kommst du mir nicht in die Woh­nung!» Sie kann sehr ener­gisch sein. Und selb­stver­ständlich muss er auch in Überziehschuhe schlüpfen. Let­zthin hat ein Kleinkind an der Hand sein­er Mut­ter gefragt, wieso es im Som­mer Schneemän­ner gäbe, als es Hubert im Anzug vor der eige­nen Woh­nungstüre gese­hen hat. Das wäre noch zu verkraften gewe­sen, aber die grin­senden Gesichter der Halb­wüch­si­gen, gepaart mit dem spöt­tisch hinge­wor­fe­nen «Ganzkör­p­er-Paris­er» hat er bis heute nicht verkraftet.

Essen ohne Servi­ette kommt auch nicht in Frage, und die wird nicht etwa auf den Schoss gelegt, son­dern das eine Ende oben im Kra­gen eingesteckt, während das andere unter den Teller kommt. Damit ist nicht nur das Hemd geschützt, son­dern auch die Hose und das Tis­chtuch. Ach ja, essen ohne Tis­chtuch geht eben­so wenig und darunter liegt zusät­zlich ein beschichteter Molton, um den schö­nen Mas­sivholztisch zu schützen. Vor zwanzig Jahren gekauft, sieht er noch heute aus wie neu. Manch­mal stützt Hubert sich darauf ab, wenn kein Tis­chtuch drauf liegt. Das führt immer zu einem «Not­fall-Ein­satz» mit einem nebelfeucht­en Baum­woll­tuch um die «Tööplige» (Fin­ger­ab­drücke) nul­lkommaplöt­zlich zu ent­fer­nen. «Unter­steh dich, unseren schö­nen Tisch mit einem Mikro­faser­tuch abzuwis­chen, das trägt den Holzschutz ab.» Jaja, die liebe Emmi kön­nte ein Putzin­sti­tut eröff­nen, sie jagt jeden Fleck­en in die Flucht.

Let­zten Win­ter hat­te sie die Grippe ziem­lich heftig erwis­cht, und als sie wieder auf dem Damm war, hat­te sie das Gefühl, sie müsse ihrem Herza­ller­lieb­sten ihr gesam­meltes Wis­sen weit­ergeben. «Wie willst du unsere schöne Woh­nung sauber hal­ten, sollte ich ein­mal vor dir gehen?! Ich müsste mich im Grab umdrehen, wenn hier alles verludert.»

Also hat er zum «Reini­gungskurs» antra­ben müssen.

«Erstens, Fleck­en sofort ent­fer­nen, nicht warten, zweit­ens, feste Schmutzreste mit einem Löf­felchen entfer…»

«Falsch», fällt ihm Emmi ins Wort, «VORSICHTIG ent­fer­nen! Du hast das Wichtig­ste vergessen.»

«Jaja», brum­melt er und fährt fort, «flüs­sige Anteile mit einem saugfähi­gen Papi­er VORSICHTIG weg­tupfen, viertens…»

«Du musst ‚vor­sichtig‘ gar nicht so kün­stlich beto­nen, stattdessen würdest du bess­er daran denken, dass man keines­falls reiben darf!» In der Zwis­chen­zeit liegt schon mehr als bloss ein Hauch Gereiztheit in der Luft. «Und von welch­er Seite her arbeitest du?»

«Wenn möglich von der Unter­seite her, um die Gewe­beober­fläche zu scho­nen. – Und übri­gens ist bere­its halb sieben, ich habe Hunger, wann ist das Aben­dessen bereit?»

«Aben­dessen gibt es, wenn du diese ein­fachen Regeln beherrschst!» Als ehe­ma­lige Direk­tion­ssekretärin kann Tante Emma sehr ener­gisch auftreten.

«Viertens, um den Fleck­en herum den Stoff mit klarem, hand­warmem Wass­er benet­zen. Fün­ftens, ph-neu­trales Haushaltsspülmit­tel oder Sham­poo nor­mal dosieren und mit einem Schwamm oder saugfähi­gen Tuch vom Fleck­e­naussen­rand zur Mitte hin betupfen. Aber Emmi, ich habe wirk­lich Hunger!»

«Stell dich nicht so an, den let­zten Punkt hast du doch ganz gut gewusst.»

Seufzend fährt er fort: «Sech­stens, mit einem saugfähi­gen Papi­er den Fleck ab… — VORSICHTIG abtupfen. Das Ganze so oft wieder­holen, bis der Fleck ver­schwun­den ist. Siebtens mit klarem Wass­er nach­tupfen und wieder absaugen, damit keine Rück­stände des Spülmit­tels im Gewebe verbleiben.»

«Das hast du richtig schön gesagt, zur Beloh­nung kriegst du ein Käsekräpfchen.» Emma holt in der Küche eines vom Blech und steckt es Hubert in den Mund.

«Acht­ens…, mmmh, die sind fein, darf ich noch eines?»

«Acht­ens?!»

«Acht­ens, so lange mit einem saugfähi­gen Tuch abtupfen, bis keine Flüs­sigkeit mehr aufge­saugt wird. Schluss, aus, Ende!»

Haushalts-Tipps_HEIMisch-#91_Beitragsbild-im-Text_Klebstoff-Resten-entfernen

Möcht­en Sie das «Wun­der­mit­tel» zur Besei­t­i­gung von Kleb­stof­fresten kennenlernen?

Tante Emma weiss, wann bei ihrem Ehe­mann nichts mehr geht, dabei hätte sie ihm gerne auch noch ihre neuste Errun­gen­schaft präsen­tiert, einen 100 Prozent ökol­o­gis­chen Spray (den gibt es tat­säch­lich in unserem Shop!), mit dem man Reste von Kleb­stof­fen im Han­dum­drehen und ohne müh­sames Kratzen ent­fer­nen kann. Mor­gen ist auch noch ein Tag.

Und für Sie liebe HEIMisch-Blog-Leserin­nen und ‑Leser habe ich hier Tante Emmas Fleck­e­nent­fer­nungs-Proze­dur zusam­menge­fasst. Ein­fach aus­druck­en und innen am Putzschrank aufhän­gen, dann haben Sie sie immer griffbereit.

 

Nun freue ich mich, Sie beim näch­sten Blog­beitrag zum The­ma «Advent» wieder dabeizuhaben.

 

Bis bald!

 

Ihr Bern­hard Heim

Schlaf- und Wohn­ber­ater und Fleckenschreck

 

 

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1 Kommentar

  1. Veröffentlich von Beat am 26. November 2023 um 8:47

    Endlich wieder mal etwas zum schmun­zeln und da frage ich mich? Bern­hard, bist du der Ehemann?

    Ich wün­sche euch eine besinnliche Adventszeit.

    Liebe Grüsse Beat

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