Atmung #114
«En tüüfe Schnuuf»
«Einatmen – Luft anhalten – Ausatmen – Luft anhalten – Einatmen – Luft anhalten – Ausatmen…»
Sardinien, Anfang Oktober. Die Sonne wärmt Onkel Huberts alte Knochen, während eine sanfte Brise dafür sorgt, dass ihm nicht zu warm wird. Elf Damen in gesetzterem Alter und dazu Hubert liegen rücklings auf ihren Yogamatten, wahlweise an der Sonne oder unter dem Sonnensegel. «…und wieder einatmen – Anhalten – Ausatmen –…»
Ohrfeigen könnte er sich. Hätte er sich von seiner lieben Emmi nur nicht überreden lassen, sie zu begleiten, dann könnte er gemütlich zu Hause sitzen und niemand würde ihm vorschreiben, wie er zu atmen hat. «Eine Woche Yoga, Meditation und Atemarbeit für höhere Lebensqualität und tieferen Schlaf». So hiess es in der Kursausschreibung und Emmi war sofort Feuer und Flamme. «…guuuut macht ihr das, und ausatmen – Anhalten – Einatmen – Groooossartig – Ausatmen…». Giulia, die Yoga-Instruktorin, ist schon fast penetrant gut gelaunt. Sie findet alles guuuut und groooossartig und schööön. Was ihm am meisten auf den Wecker geht, ist jedoch, wenn sie schon morgens beim Frühstück aufgedreht plappert und unbedingt alle mit ihrer guten Laune anstecken will. Nach dem Aufstehen will er vor allem eines: seine Ruhe. Elf «Wiibervölker», wie er die Teilnehmerinnen insgeheim nennt und eine aufgedrehte Leiterin sind mehr, als er auf nüchternen Magen erträgt.
Immerhin sind sie in einem hübschen Hotel untergebracht, und das Frühstücksbuffet lässt sich sehen. «Bene, bene, Amici – Ausatmen – Luft anhalten – Einatmen…». Als er sich heute früh jedoch zum dritten Mal bei Bresalo, Prosciutto, Coppa und Salami bedient hat, hat ihm das einige tadelnde Blicke beschert. «Gesund, ungesund, zu viel, unausgewogen…» – getuschelt haben die Weiber und sich gegenseitig übertrumpft mit ihren Geschichten über Verzicht und gesundes Essen. Ihm egal. Er hat dafür bezahlt, also will er auch zulgreifen. «Sehr schööööön. Dann setzt ihr euch nun in die Meditationsposition…» Oh nein, nicht schon wieder. Wie die ihre Beine zusammenfalten und aufrecht sitzen können! Wenn er das nur sieht, kriegt er schon Rückenschmerzen. Einmal hat er es versucht und ist dann auf den angebotenen Korbstuhl ausgewichen. Peinlich, wie die elf Grazien sich mühelos in die Position begeben, während «der alte Sack» – so bezeichnet er sich gerade – im Rentnerstuhl – so hat er den Korbstuhl getauft – Platz nehmen muss.
Auch wenn er es bereut, mitgefahren zu sein, so muss er doch eingestehen, dass er so gut schläft, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Natürlich würde er nie eingestehen, dass dies wegen Yoga, Meditation und Atemtechniken ist, aber insgeheim vermutet er einen Zusammenhang. Es ist zu offensichtlich.
Liebe HEIMisch-Blog-Leserinnen und ‑Leser, Onkel Hubert hat eine Erfahrung gemacht, für die man nicht nach Sardinien fahren muss – auch wenn es dort schön ist (und zumindest wettermässig um 37 Klassen besser als hier), Sie können es auch in den eigenen vier Wänden erleben.
Der Atem ist eine fantastische Einrichtung unseres Körpers. Er funktioniert bis zum letzten Atemzug, ohne dass wir eine Sekunde darüber nachdenken müssen. «Es atmet mit uns» könnte man fast sagen.
Die meisten Menschen, insbesondere wenn sie keine körperlichen Tätigkeiten verrichten, atmen nur oberflächlich, das heisst im Brustraum, ebenso, wenn sie gestresst sind. Diese «Stressatmung» ist negativ für Entspannung und guten Schlaf. Im Gegensatz dazu führt die Zwerchfellatmung («Bauchatmung») zu angenehmer Entspannung und unterstützt den Schlaf. Das Geheimrezept lautet bewusstes Atmen, so wie es Onkel Hubert auf Sardinien gemacht hat.
Übrigens sind diese Atemtechniken keine Erfindung der NASA oder superkluger Köpfe der Neuzeit, die meisten sind seit Jahrhunderten bekannt und wurden schon lange praktiziert. Als Mann der Tat will ich nicht bloss über etwas reden, sondern es auch praktizieren. Damit Sie mitmachen und es ausprobieren können, habe ich drei Atemtechniken für Sie herausgesucht.
Drei Atemtechniken zur Entspannung und für einen tiefen Schlaf
Zwerchfellatmung
- Eine Hand legen Sie auf den Bauch, die andere auf die Brust.
- Atmen Sie tief in den Bauch und achten darauf, dass sich die dort liegende Hand hebt.
- Jene auf der Brust sollte unbeweglich liegen bleiben.
- Praktizieren Sie das so lange, wie es angenehm ist, mindestens jedoch während zwei Minuten.
Boxatmung
- Atmen Sie gleichmässig und tief in den Bauchraum ein.
- 4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden halten, 4 Sekunden ausatmen, 4 Sekunden halten, 4 Sekunden einatmen…
- Praktizieren Sie das so lange, wie es angenehm ist, mindestens jedoch während zwei Minuten.
4–7‑8-Atmung
- Atmen Sie 4 Sekunden tief in den Bauchraum ein.
- Lassen Sie die Luft während 7 Sekunden ausströmen
- Warten Sie 8 Sekunden ohne Atmung (und beginnen wieder von vorne)
- Praktizieren Sie das so lange, wie es angenehm ist, mindestens jedoch während zwei Minuten.
Finden Sie heraus, welche Atemtechnik Ihnen am wohlsten tut, und nehmen Sie sich wenn möglich täglich zwei bis drei Minuten Zeit dafür. Sie werden den Unterschied spüren.
Nun freue ich mich, Sie in zwei Wochen beim Thema «Chronotypen» wieder dabei zu haben.
Bis bald!
Ihr Bernhard Heim
Schlaf- und Wohnberater und Atemiker
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Lieben herzlichen Dank Bernhard für diesen erfrischenden Beitrag! Und kann mit Onkel Hubert mitfühlen…. wieso auch was ändern 😉
Meine Atemübung ist teil von meinem Alltag und hat mich schon so oft wieder geerdet und gerettet.
Und ich geniesse deine Bloggs immer sehr — jeweils mein Start ins Wochenende.
Danke für dein wirken <3
Liebe Sandrine
Ich danke dir ganz herzlich für deinen wertschätzenden Kommentar. Es freut mich sehr, wenn ich dich mit meinen Blogs erheitern und jeweils dein Wochenende bereichern kann.
Liebe Grüsse und ein erfülltes Wochenende
Bernhard